Straßenbahn in Rödelheim

Bis 1978 fuhr eine Straßenbahn vom Schönhof kommend zum Bahnhof Rödelheim. Sie wurde mit Eröffnung der S-Bahn eingestellt, da sie nach den damaligen FVV Richtlinien einen Parallalverkehr darstellte. Die Straßenbahn musste durch die enge Straße “Alt Rödelheim” geführt werden, das die breitere Reichsburgstraße eine Sackgasse war.
Von dem Durchbruch der Reichsburgstraße profitierte die Straßenbahn nicht mehr.       In Frankfurt am Main dauern manche Dinge eben etwas länger....

Anfang der 30er Jahre wollte die Straßenbahnverwaltung die Reichsburgstraße in Rödelheim, die bis dahin nur von der Niddabrücke zur Burgfriedenstraße reichte, bis zur Radilostraße verlängern, um die Straßenbahngleise statt teilweise eingleisig durch  das enge, kurvenreiche Alt Rödelheim auf gerader Strecke zweigleisig durch die Reichsburgstraße zu führen. Allerdings hätte das den Abriss der Häuser Radilostraße 3 und 5 erfordert.

Die Verlegung der Strassenbahn in der Strasse Alt Rödelheim zwischen Niddabrücke und Radilostrasse nach der Reichsburgstrasse … ist vorgesehen.
Bei Durchführung dieses Projekts wird die Niederlegung der städtischen Gebäude Radilo-Strasse 3 und 5 sowie die Kanalisation und strassenmässige Befestigung der Reichsburg-Strasse zwischen Radilo-Strasse und Burgfriedenstrasse erforderlich. Die Kosten hierfür werden erheblich sein. Einnahmen zur Deckung der Kosten … in Form von Anliegerbeiträgen sind kaum zu erwarten. Wir weisen darauf hin, dass die aus vier Stockwerken bestehenden, zum Abbruch vorgesehenen Gebäude Radilo-Strasse 3 und 5 vor etwa vierzig Jahren errichtet wurden. Die im Erdgeschoss befindlichen Läden sind an vier Gewerbetreibende und die in den übrigen Stockwerken befindlichen Zwei- und Dreizimmerwohnungen an zehn Familien vermietet. Es handelt sich also nicht um kleine Gebäude, sondern um Wohn- und Geschäftshäuser mittleren Umfangs. Wir werden … die Kosten … ermitteln lassen und als dann die Frage prüfen, ob die Durchführung der Reichsburg-Strasse bzw. die Verlegung der Straßenbahn dorthin in ein kommendes Arbeitsbeschaffungsprogramm aufgenommen werden können.

(ISG, Magistratsakte 6817, Bd. 1, Schreiben des Bauamts vom 29.5.1934 an das Büro des OB).

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© Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main

Auf diesem Plan ist die Situation vor dem Durchbruch Reichsburg - Radilostraße zu sehen

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Zum Vergleich wie es nach dem Durchbruch heute aussieht. Die blaue Linie zeigt den Verlauf der Strecke durch “Alt Rödelheim”

Nachdem das Bauamt die Kosten ermittelt hatte, ist das Projekt aus wirtschaftlichen Gründen verworfen worden. Die Kosten für Straßenbau, Kanalbau, Wasserleitungsverlegung, Straßenbeleuchtung und Gleisverlegung waren von den beteiligten Ämtern mit 106.000,-- RM veranschlagt worden.

Hierzu ist zu rechnen der gegenwärtige Verkehrswert der beiden niederzulegenden Häuser … mit rund 72.000,-- RM. Hierzu treten ferner die Kosten der fassadenmässigen Ausgestaltung der nach der Niederlegung der Häuser frei werdenden Bandmauern der Liegenschaften 1 und 7 mit etwa 4.000,-- RM, sodass Baraufwendungen von 110.000,-- RM erforderlich werden. Der Wert der niederzulegenden Häuser in Höhe von rund 72.000,-- RM müsste dem Vermögen der Stadtgemeinde abgeschrieben werden. …
So wünschenswert die Umleitung der Strassenbahn durch die Reichsburg-Strasse an sich ist, so stehen die für die Durchführung des Planes aufzuwendenden Geldmittel in keinem vertretbaren Verhältnis zu der hierdurch zu erzielenden Verkehrsverbesserung. Der Verkehr nach Rödelheim ist nicht derart stark, dass die Umlegung der Straßenbahngleise gebieterisch notwendig ist. Wir glauben nach dem Ergebnis unserer Ermittlungen daher gegenwärtig von einer Verwirklichung dieses Planes wegen der sich ihm entgegenstellenden bedeutenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten abraten zu müssen.

(ISG, a.a.O, Schreibens des Bauamts an den OB vom 27.9.1934).

Dabei ist es bekanntlich fast 50 Jahre geblieben, obwohl an der Planung des Straßendurchbruchs weiterhin festgehalten wurden (siehe Bebauungsplan Nr. NW24d Nr.1 vom 3.10.1974).

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© Stadtplanungsamt Frankfurt am Main

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Die Häuser Radilostraße 3 und 5 sowie zusätzlich die Nr.7 sind zwecks Verlängerung der Reichsburgstraße inzwischen abgerissen worden, doch hatte die damit erstrebte Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in Rödelheim nichts mehr mit der Straßenbahn zu tun, weil deren Betrieb mit Aufnahme des S-Bahn-Verkehrs zur Hauptwache am 28.5.1978 eingestellt worden war. Zum letzten Mal sind die Gebäude Radilostraße 3, 5 und 7 im Adressbuch von Frankfurt 1981/82 verzeichnet, d.h. sie dürften  1981 oder 1982 abgerissen worden sein. In Alt Rödelheim sind die Straßenbahngleise 1983 im Zuge der Neugestaltung des Straßenraums entfernt worden, vermutlich kurz nachdem die Reichsburgstraße durchgängig befahrbar hergerichtet worden ist (vgl. Chronik von Rödelheim, 1983 in: http://www.frankfurt.de).

Heute erinnern noch die Wandrosetten an den Häusern Alt Rödelheim 7-9, 13, 19 und 38, Burgfriedenstraße 1, Radilostraße 1, 4, 13, 26, 29, 37, Alexanderstraße   11  sowie ein paar abgeschnittene Bolzen an den Häusern Alt Rödelheim 5, 23 und 25, Radilostraße 32 und Alexanderstraße 28 an den Straßenbahnbetrieb in Rödelheim.
 

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Die Fotos zeigen die heutige Situation in Alt Rödelheim / Reichsburgstraße

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Mit dem Abschluß der Bauarbeiten der Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes in Rödelheim werden auch die letzten Spuren der Straßenbahn im Pflaster Rödelheims verschwunden sein

© Matthias Hoffmann 07/2011